Rieger-Orgel
Zweite Reise nach Munkacs (Westukraine)
26.04 bis 01.05.2014
Was ist "Medizinhilfe Karpato-Ukraine"? (pdf)
Vergangene Projekte der Medizinhilfe Karpato-Ukraine (pdf)
Am 26.04 2014 beginnt die Reise für den zweiten Orgelbesuch in Munkacs, nachdem die Hauptaufgabe bereits im Juni 2011 erfüllt wurde (siehe: "Werkverzeichnis / Andreas Schmidt / Munkacs / Projektbericht" als PDF-Datei). Ich hatte damals versprochen noch einmal vorbei zu kommen um die "Restarbeiten" zu erledigen. Meinerseits ist vorgesehen die pneumatische Traktur zu präzisieren, die Intonation zu verfeinern, die Spieltischbeleuchtung zu erneuern und eine ordentliche Generalstimmung zu legen.
Diese Mal sind die vorgesehenen Aufgaben völlig anders strukturiert und die meisten Arbeiten an der Orgel sollen auch ohne das Zusammenwirken durch Helfer bewältigt werden.
Als besonderen Glücksfall kann man den kurz zuvor geschlossenen Kontakt zu dem Organisten Johannes Graupe aus Bruchköbel bezeichnen, der sich bereit erklärte die Gruppe zu begleiten. Seine Aufgabe soll darin bestehen lernwilligen Organisten (oder eher Organistinnen) einem "Crashkurs" im Orgelspiel zu geben. Die Vorbereitungen bestanden unter anderem daraus entsprechende Notenbücher auszuwählen und zu beschaffen und die Orgel im Vorfeld zu studieren, unter anderem weil er zum Abschluss unseres Aufenthaltes ein Konzert geben wird.
Insgesamt besteht die Gruppe aus 10 Leuten. Josch, Uta, Peter, Sascha, Chris und Tobias sollen etwa 200 Quadratmeter Gummiboden im Medical Center verlegen, Martin, als IT-Spezialist, wird die Computer durch Hard- und Software aktualisieren, Peter, der hier doppelt gefordert wird, soll einen Starkstromanschluss für die Mammographie installieren. Martina organisiert das laufende und das folgende Projekt. Johannes und ich sind für den Bereich Orgel zuständig.
In Munkacs angekommen sind wir beruhigt darüber, dass in dieser Region nichts von den derzeitigen Unruhen im Osten zu spüren ist. Beim ersten Eindruck scheint alles ganz normal zu sein.
Die beiden Ärzte Laslo und Pal laden uns direkt am Abend zum Grillen ein. In der neu gebauten Gartenlaube von Laslo verbringen wir einen schönen Abend.
Auf dem Heimweg liegen die Kirche und das Medical Center.
Am nächsten Morgen (hier ein Beispiel wie Frühstück auch aussehen kann) wird die Lage besprochen. Wir spüren eine gewisse Beklommenheit durch die jüngsten politischen Ereignisse, welche die Stimmung der Menschen umhüllt.
Jeder von uns hat seine Aufgabe. An der Orgel wird zunächst eine Fehleranalyse erstellt, die dann wiederum in Prioritäten und in ein Zeitfenster unterteilt wird. Der Arbeitsplatz wird vorbereitet. Um am eng aufgestellten Pfeifenwerk intonieren zu können, müssen die Pedalpfeifen ausgebaut werden. Für die Einstellungen an der Traktur werden mehrere Baugruppen entfernt. Ein Tastenanhaltegerät ersetzt die ständige Anwesenheit eines Helfers (wenn auch nicht in allen Fällen).
Eine wertige Notenbeleuchtung wird installiert.
Im Jahre 2011 war es aus Zeitmangel leider nicht mehr gelungen die Traktur repetitionsfreudig einzustellen, das soll nun nachgeholt werden. Es wird festgestellt, dass nahezu alle Bleikondukten, die vom Spieltisch zu den Relais unterhalb der Membranleisten (Keilbälgchen) führen, mit Absicht angestochen sind um Luft entweichen zu lassen. Diese Anstiche sind als normal zu bezeichnen und beschleunigen die Absprache der Töne, weil sich dadurch das aktive System schneller entlüftet. Wenn diese Löcher zu groß sind, sprechen die Relais träge an. Sind sie zu klein, sprechen die Relais zu langsam ab.
Die gefundenen Anstiche liegen alle in einer Linie an einer unzugänglichen Position, die eigentlich nur von vorne zu erreichen ist. Da aber das Instrument in sechs Metern Höhe steht gehe ich davon aus, dass diese Löcher bereits bei der Erbauung noch in der Werkstatt systematisch gesetzt wurden. Eventuell weil man sie nicht sehen konnte, kamen weitere dazu, einzelne Bleiröhrchen sind mit fünf Anstichen bestückt.
Letztendlich entscheide ich alle Anstiche mit kleinen selbstklebenden Metallblättchen (starkes Aluklebeband) zu verschließen. Danach wird Johannes am Spieltisch angeben in welche Richtung die Repetition angepasst werden muss.
Am Ende dieser Einstellung lässt sich die Traktur schnell und gleichmäßig spielen.
Ich tauche ein in die Intonation und arbeite für die nächsten Tage mit meinem Tastenanhaltegerät am Pfeifenwerk...
...während im Medical-Center gegenüber der Kirche richtig rangeklotzt wird. Martina bespricht mit Laslo den Ablauf. Auf dem Grundrissplan kann man den Umfang der anstehenden Verlegung des Gummibodens erahnen.
Zur Vorbereitung muss der Boden erst gespachtelt werden. Danach muss die Fläche geebnet (geschliffen), entstaubt und versiegelt werden. Die hochwertigen Bodenbeläge werden den Räumen zugeteilt und zugeschnitten. Ein spezieller Kleber wird auf dem Boden verteilt, dann kann der Belag ausgerichtet und angerieben werden. Nach einer Stunde wird der verlegte Bodenbelag mit einer schweren Walze nochmals angedrückt.
Martin als IT-Spezialist aus Frankfurt und Victor (vom Medical-Center) setzen die Häkchen an die richtige Stelle, stöpslen Stecker hin und her, optimieren die Netzwerkverbindungen usw.. Für die meisten eine fremde Welt in der sich nur Nerds auskennen.
Die Anderen spachteln, schleifen, saugen, schneiden. Das geht ein paar Tage so.
Die Lage hat sich wegen der Verspätung einiger Arbeitsgänge zugespitzt. In einer Lagebesprechung wird entschieden die Nacht durchzuarbeiten, um verlorene Zeit wieder einzuholen. Unbedingt einzuhalten sind nämlich die Trocknungszeiten des Klebers, bevor im Anschluss daran weitergearbeitet werden kann.
Alle ohne Ausnahme arbeiten mit und es wird spät...
...sehr spät!
Was vorher unmöglich erschien ist geschafft, es ist jetzt 3 Uhr 30 und alle wollen nur noch schlafen. Noch ein Bierchen? Ok, als kleine Belohnung. Noch eins? Oh,...es wird immer später und man versucht mir beizubringen wie man Bier aus der Dose drinkt, was aber nicht gelingen mag.
Den nächsten Tag haben wir zur Hälfte verschlafen, was aber auch vorher schon klar und genehmigt war.
Johannes bereitet sich auf sein Konzert vor.
Es ist ein Höhepunkt unseres Besuches und so wie es aussieht, war Johannes nicht zum letzten Mal hier. Die Kirche ist fast voll, sogar der Bischoff i.R. Lajos Gulàcsy, der das Orgelprojekt 2008 angestoßen hat, ist gekommen.
Das Konzert wird aufgenommen, um zur Erinnerung an den schönen Abend eine CD zu brennen.
Ein Abschlussbericht wird verfasst, danach gibt es zum Abschied ein üppiges Mahl.
Der kleine Hund hat sich gerade an uns gewöhnt, wir machen uns auf die Heimreise und nehmen die Eindrücke des Landes in uns auf. Bis zur Grenze werden wir von Laslo und Pal begleitet und herzlich verabschiedet.
Gespenstisch leer sind die Autobahnen in Ungarn (dort könnte man Fußball spielen bis mal ein Auto kommt), sie sollten eigentlich zur Ost-West-Verbindung beitragen. Was wird daraus, fragen wir uns.
Der Verkehr, ganz anders in Deutschland. Fahrerwechsel.
Es gibt noch viel zu tun in der Ukraine.